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Anna ist angekommen

Anna ist angekommen – beim DRK und im Leben
Unmittelbar nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine floh Anna Didukh nach Gelsenkirchen. Hier arbeitete sie zunächst ehrenamtlich für das DRK. Und jetzt hauptberuflich

„Das DRK Gelsenkirchen ist für mich wie eine Familie geworden. Alle hier unterstützen mich auf meinem Weg“, sagt Anna Didukh glücklich. Denn sie hat es geschafft. Sie ist wirklich angekommen in Gelsenkirchen. Seit September arbeitet sie für das Rote Kreuz und hilft jenen, denen es heute geht wie es einst ihr ergeht, als sie gleich nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine kurzentschlossen die Heimat verlässt – mit ihren zwei Söhnen und dem Allernötigsten.
Nun arbeitet die 37-Jährige zur Hälfte im Team der Regionalen Flüchtlingsberatung, gefördert durch die Bezirksregierung Arnsberg, und zur anderen Hälfte im Team der Case-Manager des DRK. Während sie in der einen Tätigkeit eine Erstberatung für Hilfesuchende anbietet, betreut sie in der zweiten bis zu 17 Menschen längerfristig. Die Bedingung dafür: Es müssen komplexe Fälle sein mit mehreren Problemen, die es anzugehen gilt. Besonders in diesem Bereich ist Anna Didukh sehr beliebt, weiß Michael Mrowietz, Fachbereichsleiter Migration und Integration, zu berichten. „Dadurch, dass sie zunächst bei uns im Ehrenamt tätig war, ist sie sehr bekannt in der Gemeinschaft und wenn sie könnten, würden die Leute bei ihr Schlange stehen.“

Annas ist für andere Frauen ein Vorbild

Denn die junge Mutter ist für viele ukrainische Frauen in vergleichbarer Lage ein echtes Vorbild. „Meine Geschichte inspiriert die anderen Frauen sehr“, sagt Anna Didukh und lächelt etwas verlegen. „Es sind so unheimlich viele Menschen aus der Ukraine hier, die ähnliche Herausforderungen erleben. Viele der Frauen, die allein nach Deutschland gekommen sind, leben mittlerweile in Scheidung.“ Sie müssen lernen, in der neuen Heimat auf eigenen Füßen zu stehen. Und das wollen sie unbedingt, erzählt die DRK-Mitarbeiterin aus der Praxis. „Sie wollen sich integrieren, wollen arbeiten. Denn keiner weiß, was kommt“, spielt sie auf den möglicherweise bevorstehenden Waffenstillstand an und die Sorge vieler, wie sich in einem solchen Falle das Bleiberecht für Menschen aus der Ukraine verändern würde.
So sehr die Nachfrage nach ihrer Begleitung sie freut, die studierte Psychologin möchte sich auch aufmachen, Neues zu erlernen. „Ich habe bislang wenig Kontakt gehabt mit den Bereichen Asyl und Duldung.“ Das betreffe natürlich Menschen aus ganz anderen Gebieten der Welt. „Gerade eben erst hatte ich ein Gespräch mit jemandem aus dem Irak. Diese kulturelle Öffnung ist neu für mich.“ Und spannend, wie sie erzählt.

Zwischen Herausforderungen und Loslassen

Anna Didukh selbst genießt ihr neues Leben, liebt die Herausforderungen des neues Jobs und auch die Ruhephasen danach. In Resse hat die alleinerziehende Mutter eine Heimat gefunden. Und dort gefalle es ihr sehr. „Ich mag den Stadtteil. In der Ukraine habe ich an einem ganz ähnlichen Ort gelebt, auch etwas ländlicher. Ich kann hier viel mit meinem kleinen Sohn spazieren gehen oder Radfahren.“ So erfreuen sich die beiden fast täglich an der Natur und am Miteinander in Freiheit und Frieden, können endlich loslassen. „Deutschland ist für mich eine zweite Heimat geworden. Ich schätze alles, was ich hier bekomme – vom Land und von der Stadt Gelsenkirchen.“ 
Sie weiß auch, viele Menschen empfinden die Stadt als schwierig. „Aber meine Meinung ist, wer hier wirklich etwas erreichen möchte, der kann es schaffen, weil es so viel Unterstützung gibt.“ Dann verrät sie noch etwas recht Privates: Sie erlebe auch immer wieder die Schwierigkeiten, die das neue Leben fern der alten Heimat mit sich bringt. „Aber wenn ich morgens zur Arbeit beim DRK fahre, dann denke ich, wie glücklich ich mich schätzen darf – und es bin.“

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